Gut Trögern: Sich selbst Raum geben im Niemandsland

Pause am Gut Trögern
Eingebettet zwischen rauschendem Wasser und bewaldeten Bergrücken liegt im Süden Kärntens das Gut Trögern: kreative Auszeiten, Perspektivenwechsel und stille Lagerfeuerabende.
Ein Ort ist keine Konstante. Er entwickelt sich fortlaufend weiter. Die Menschen, die ihn bewohnen, beleben, besuchen, prägen ihn. Sie geben ihm ein äußeres Gesicht, aber auch ein inneres. Sie gestalten ihn allein schon, indem sie da sind. Jede und jeder, dessen Fahrzeug sich die enge, kurvige Straße entlang der wild tosenden Trögerner Klamm hinaufschlängelt, die Schotterstraße durch den Wald emporschraubt und schließlich am Gut Trögern ankommt, trägt einen Teil dazu bei. Die einen versprühen Leichtigkeit im breiten, hellen Stiegenhaus. Die anderen schleppen ihr schweres, emotionales Gepäck über die knarzenden Holzböden. Allen gemeinsam ist, dass sie erst einmal ankommen und bleiben.

Abgeschiedene Lage

Das Gut Trögern, 991 Meter hoch gelegen, bewacht von einer knorrigen Linde, ist ein geschichtsträchtiges Gebäude. Die dicken Mauern haben in mehr als 150 Jahren abgespeichert, was einmal war, Leid und Freude, Schrecken und Heiterkeit. Das abgelegene Gehöft war einst Gutshaus, Wirtshaus, Berghotel für Sommerfrischler. Seit 1861 steht hier oben eine eigene Kirche mit Friedhof. Das Gebäude-Ensemble liegt im südlichsten Zipfel Kärntens, umgeben von mit Fichten und Schwarzkiefern bewaldeten Bergrücken. Dahinter ragen die kargen Gipfel der Karawanken hervor. Es wirkt so, als hätte die Grenze zwischen Österreich und Slowenien den Ort geschluckt. Ein Niemandsland, ein bebautes Stück Wiese zwischen den Ländern. Ohne Handyempfang, dafür mit WLAN. Ohne Fernseher, dafür mit Freiluftkino unterm Sternenhimmel.

Trögerner Klamm

Gut Trögern

Ausblick Gut Trögern

Gut Trögern

Mut und Motivation

Das Abgelegene, das Eigene, das Raumgebende zieht Menschen an, die sich trauen, ihrem inneren Weg zu folgen. Mit viel Motivation im Gepäck hat sich die neue Betreiberin, Lydia Kienzer-Schwaiger (im Bild links mit ihrer Schwester Dagmar) im Frühjahr 2020 aufgemacht, um sich hier oben einzurichten. Seither ist die Kärntnerin nicht nur Psychologin und Mutter, sondern auch Gastgeberin, Hausherrin, Serviererin, Touristikerin und Seminarleiterin. Sie hat sich nach und nach in ihren neuen Rollen eingefunden. „Und wenn ich einmal Hilfe brauche, ist immer jemand aus meinem Bekanntenkreis da“, ist sie dankbar für so viel Zuspruch und Tatendrang.

Lydia und Dagmar_Gut Trögern

Frühstück am Gut Trögern

Aufstrich

Zimmer Gut Trögern

Immer in Bewegung

Trögern, ein Ortsteil von Eisenkappel-Vellach, befindet sich im grenzüberschreitenden Geopark Karawanken. Ein bewegtes und ein sich ständig bewegendes Gebiet, denn von West nach Ost zieht sich die periadriatische Naht durch. Das ist die bedeutendste tektonische Störungslinie der Alpen: Hier stoßen die eurasische und die adriatische Lithosphärenplatte, die einst zur afrikanischen Platte gehörte, aufeinander. „Viele Menschen spüren hier im Wald offenbar, dass etwas ‚nicht in Ruhe‘ ist“, erklärt Geopark-Guide Antonia. Sie erzählt von Erdbebenmessungen in den nahegelegenen Tropfsteinhöhlen: Zwischen 50 und 80 Mal im Jahr bebt die Erde hier. Meistens so minimal, dass man es gar nicht spürt.

Trögerner Klamm

Gut Trögern

Lagerfeuer Gut Trögern

Sich kreativ austoben

Etwas in sich bewegen, sich Neuem widmen, in Begeisterung aufgehen und die Synapsen im Gehirn erweitern: Dafür gibt es am Gut Trögern unzählige Möglichkeiten. Bei den Kreativwochen etwa widmen sich die Gäste ganz sich selbst, gehen im Werkeln mit Farben, Formen und Gerüchen auf. Zum Beispiel beim Seifensieden, wo aus wenigen Zutaten und mit ein bisschen Gespür und Geduld duftende Seifenstücke entstehen. Oder beim free writing mit Schreibtrainerin Anita Arneitz: Der Kopf wird von kreisenden Gedanken befreit, die in einem Fluss auf Papier gebracht werden. Fast meditativ wirkt das Bemalen von Steinen mit bunten Mandalas. Es veranschaulicht, wie wenig Material und Technik es braucht, um sich selbst kreativ auszudrücken.

Seifen machen am Gut Trögern

Hautcreme machen am Gut Trögern

Steinmandala

Naturküche mit Wildkräutern

Dasselbe gilt in der Naturküche: Kreativtrainerin Dagmar Kienzer-Schippel zeigt, wie aus wenigen Zutaten gesundes Essen zubereitet wird. Etwa würzige Cracker mit kleinen Paprikastücken oder glutenfreies Brot aus Topfen, Haferflocken und Leinsamen. Auch Müsliriegel werden im Gut Trögern selbst gemacht. Oder Germteigschnecken, gefüllt mit frischem Pesto aus Wildkräutern. Aus dem restlichen Germteig werden Zimtschnecken eingerollt. Der süße Duft aus der Küche lockt die Kinderschar an, die hier ihre Ferienwoche verbringt. Auch sie haben hier einen Ort gefunden, an dem sie sich entfalten können: barfuß über die Wiese laufen, im Stadel ein selbst ausgedachtes Märchen aufführen oder die Ziege streicheln.

Cracker

Teigschnecken

Sich zwischendurch ausklinken

Sich selbst Raum geben heißt auch, sich abzugrenzen und herauszunehmen, wenn einem danach ist. Denn gemeinsam kochen und kreativ sein kann belebend und bereichernd wirken, aber das lässt sich nicht auf Knopfdruck einschalten. Deshalb darf sich im Gut Trögern jeder seine eigenen Mini-Auszeiten gestalten, egal, ob im Hängesessel an der knorrigen Hauslinde, beim Stillsein in der Kirche oder abends am Lagerfeuer. Wenn dabei im Inneren Themen auftauchen, können Gäste bei ihrer Gastgeberin Lydia Kienzer-Schwaiger Einzelcoachings buchen. Als Psychologin hat sie sich auf den Bereich Arbeits- und Gesundheitspsychologie spezialisiert. Außerdem bietet sie vor Ort Biofeedback an.

Ausblick vom Storschitz

Zimmer Gut Trögern

Landschaft Gut Trögern

Wildromantische Umgebung

Sich zurückziehen und abschalten, das geht auch bei einem Ausflug in die wildromantische Landschaft, die das Gut umgibt: Direkt vor der Haustür startet ein Schotterweg, der mit jedem Meter steiler und enger wird, hinauf auf den Storschitz. Sein 1.759 Meter hohe Gipfel liegt zwischen den Bergketten der Karawanken und Steineralpen. Der Ausblick reicht weit hinein nach Slowenien. Vom Gut Trögern abwärts führt die Straße in die Trögerner Klamm mit ihren eiskalten, natürlichen Badebecken. Die wildromantische Schluchtenlandschaft besteht aus Kalkfelsen, durch die ein glasklarer Wildbach fließt.

Trögerner Klamm

Gipfel Storschitz

Ausblick vom Storschitz

Obir Tropfsteinhöhle

Obir Tropfsteinhöhle

Weitere Ausflugsziele in der Umgebung sind der Berg Hochobir mit den Obir-Tropfsteinhöhlen. Sie wurden im Jahr 1870 entdeckt, als Bergleute nach Zink und Blei suchten. Auf einem 800 Meter langen, unterirdischen Erlebnisweg können mit Helm ausgestattete Besucherinnen und Besucher die lebenden Tropfsteine begutachten. Sie sind im Laufe von vielen Millionen Jahren Tropfen für Tropfen entstanden. Es ist eine dunkle, ruhige und kühle Welt, die da unten wartet. Wieder oben an der frischen Luft angekommen, scheint die Sonne mild ins Gesicht.

Gut zu wissen:
Am Gut Trögern, Mitglied von Kreativ Reisen Österreich, finden das ganze Jahr über kreative Auszeiten mit unterschiedlichen Schwerpunkten statt. Neben den Kreativwochen sind außerdem am Programm: ein Permakultur-Lehrgang, ein Kräuterwochenende, Soul Writing – Schreiben für die Seele, Burnout-Prävention, Yoga-Retreats und Natur- und Erlebniscamps für Kinder. Alle aktuellen Termine sind auf www.facebook.com/guttroegern zu finden.

 

Offenlegung:
Vielen Dank an das Gut Trögern, den Tourismusverband Bad Eisenkappel und den Geopark Karawanken für die Einladung. Danke auch an die liebenswerte Reisebegleitung von Gudrun (reisebloggerin.at), Elena (creativelena.com) und Anita (anitaaufreisen.at).

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