Warum Touristen auf Tier-Fotos verzichten sollten

Touristenfoto mit einem Schlankloris
otos mit Schlankloris sind bei Touristen beliebt - für die Tiere bedeutet das Leiden.
Schnappschüsse mit exotischen Tieren sind bei Reisenden beliebt. Aber: Das fördert den illegalen Handel mit Wildtieren. Worauf man achten sollte, erklärt Matthew Pritchett von der NGO Freeland im Interview.

kofferpacken.at: Wie verbreitet ist illegaler Handel mit Tieren generell?

Matthew Pritchett Free
Matthew Pritchett ist stellvertretender Kommunikations-Chef der NGO Freeland, Thailand.

Matthew Pritchett: Wildtierhandel ist ein sehr ernstzunehmendes Thema. Schätzungen zufolge machen Händler damit bis zu 20 Milliarden US-Dollar Umsatz pro Jahr. Nach Drogen, Waffen und gefälschter Ware ist Wildtierhandel der viertgrößte illegale Handel der Welt.

kofferpacken.at: Ihre Organisation ist in Bangkok, Thailand, stationiert. Wo genau in Südostasien werden Wildtiere illegal eingefangen?

Matthew Pritchett: Ja, unser Hauptsitz ist in Bangkok. Wildtierhandel heißt, dass Tiere illegalerweise ihrem natürlichen Umfeld entrissen und weitertransportiert werden. Dabei gibt es drei Arten von Ländern: Quellen-, Transit- und Zielländer. Wir wissen, dass Thailand hauptsächlich als Transit-Land fungiert. Wilde Tiere wie Elefanten werden in Afrika getötet, das Elfenbein wird über Thailand oder Malaysia zur Zieldestination, zum Beispiel China, verschifft. Es gibt aber auch internen Wildtierhandel – zum Beispiel, wenn eine Schlange in Vietnam eingefangen, gehandelt und in einem Restaurant gegessen wird.

kofferpacken.at: Welche Tiere sind am gefährdetsten, illegalem Handel zum Opfer zu fallen?

Matthew Pritchett: Gute Frage. Die meisten Menschen wissen über die größeren Tiere Bescheid, Elefanten werden für Elfenbein gejagt, Nashörner für ihr Horn. Aber was wir viel öfter beobachten ist etwa der Handel mit Meeres- sowie Landschildkröten. Und das Schuppentier ist einigen Berichten zufolge das am meisten gehandelte Säugetier der Welt.

Was wir außerdem häufig mitbekommen ist der Handel mit gefährdetem Holz, zum Beispiel Siamesisches Rosenholz. Es ist vor allem in China extrem begehrt und sehr teuer. Rosenholz wird für die Produktion von Möbeln, Ziergegenständen und Armbändern verwendet.

Wildtierhandel_Schuppentier
Schuppentier, das dem illegalen Handel mit Wildtieren zum Opfer gefallen ist.

kofferpacken.at: Aus welchem Grund werden Wildtiere gehandelt?

Matthew Pritchett: Dafür gibt es drei Gründe – je nachdem, um welches Tier es geht. Manche werden als Trophäe, also als Zierde, verwendet. Andere werden konsumiert beziehungsweise gegessen, zum Beispiel als Suppe oder Fleischmahlzeit. Oder sie werden als Haustier gehalten.

kofferpacken.at: Wer steckt hinter diesen illegalen Geschäften?

Matthew Pritchett: Das ist schwer zu sagen und hängt davon ab, wovon genau wir reden. Menschen, die mit Trophäen, Ziergegenständen und Statussymbolen handeln, sind meistens gebildet und wissen, dass sie etwas falsches machen. Wenn wir über Menschen sprechen, die gefährdete Wildtiere als Nahrung zu sich nehmen, handelt es sich eher um weniger Gebildete. Viele wissen außerdem nicht, dass sie Wildtiere nicht als Haustiere halten sollen. Diese Tiere sind oft sehr leicht zugänglich direkt am Straßenrand zu kaufen und sehen niedlich aus.

kofferpacken.at: Welche Auswirkungen hat der illegale Handel mit Wildtieren?

Matthew Pritchett: Das große Problem ist: Wenn Wildtiere aus ihrer Heimat in ein anderes Land gebracht werden, ist das schwer rückgängig zu machen. Die finanziellen Mittel, sie in ihre Heimat zurückzuschicken, sind limitiert. Das heißt, dass solche Tiere nie wieder zurück in die Wildnis können und ihr restliches Leben lang eingesperrt in einem Käfig leben müssen.

Hinzu kommt, dass illegal gehandelte Tiere generell nicht gut behandelt werden. Vor einiger Zeit wurden beispielsweise 200 Schildkröten aufgefunden, die in einen Koffer gestopft waren und im Flugzeug transportiert wurden.

Auch auf Menschen kann illegaler Wildtierhandel Auswirkungen haben: Die Tierwelt ist ein wichtiger Teil innerhalb des Ökosystems. Das wiederum ist wichtig für die Gesellschaft, vor allem auf lokaler Ebene. Ein negatives Beispiel ist Shark-Finning (das Abtrennen von Haiflossen und die Entsorgung der Tiere im Meer; Anm.). Denn Haie sind ein Teil des Ökosystems Meer, das die Ozeane gesund hält. Haie, zum Beispiel Walhaie, können durch Tauchtourismus Einkommen für die lokale Bevölkerung einbringen.

Nicht zuletzt gefährdet illegaler Tierhandel Menschenleben direkt: Im Jahr 2013 wurden sieben in Thailand stationierte Nationalpark-Ranger von Gangs, die Rosenholz wilderten, umgebracht.

kofferpacken.at: Welche Rolle spielen Touristen im illegalen Wildtierhandel?

Illegaler Handel mit Schildkröten
Wildtierhandel in Südostasien: Schildkröten, zusammengepfercht in einem Koffer.

Matthew Pritchett: Touristen müssen besser informiert sein, zum Beispiel wenn sie in einen Tiger-Zoo gehen, Fotos mit Tieren machen oder Souvenirs kaufen. Es ist notwendig, vorab zu recherchieren, um welche Tiere es sich handelt, woher sie kommen und wie sie behandelt werden. Nicht alle diese Orte sind schlecht, aber Touristen sollten sich besser informieren und ihren Hausverstand einsetzen.

kofferpacken.at: Kaufen viele Touristen illegal gehandelte Wildtiere?

Matthew Pritchett: Was wir mit Sicherheit wissen, ist, dass Menschen solche Tiere verkaufen. Es gibt also Tierhandlungen, in denen gefährdete Tiere zu kaufen sind. Rechtlich ist das eine Art Graubereich, zumindest wenn die Tiere innerhalb von Thailand gezüchtet wurden. Es ist schwierig zu sagen, woher sie letztendlich kommen. Ich sage damit nicht, dass hier illegale Dinge passieren, aber es handelt sich um gefährdete Tiere. Wenn Menschen solche Tiere verkaufen, heißt das: Die Nachfrage besteht und diese Tiere werden auch gekauft. In Thailand findet man in den Touristengebieten Schildkröten, Schlangen, Frösche, kleine Säugetiere und Vögel, zum Beispiel Kakadus.

kofferpacken.at: Touristen machen gerne Fotos mit exotischen Tieren. Warum ist das ein ethisches Problem?

Matthew Pritchett: Es ist Tierquälerei. Die Mutter wird getötet, das Baby weggebracht. Es wird niemals alleine leben können oder zurück in die Wildnis kommen, weil es nicht jagen und für sich selber sorgen kann. Also muss es ein Leben lang im Käfig bleiben. Manchmal werden die Zähne der Tiere herausgeschnitten, damit sie nicht beißen. Das geschieht zum Beispiel bei Affen oder Schlankloris, eine Primatenart. Das Wichtigste in diesem Zusammenhang ist: Der einzige Grund für Kriminelle, so etwas zu machen, ist die Nachfrage der Touristen. Wenn niemand mehr Fotos mit exotischen Tieren machen will, dann bedeutet das: Wilderer haben kein Einkommen und somit keinen Grund mehr, die Tiere dem Wald zu entreißen.

kofferpacken.at: Worauf sollten Touristen achten, wenn sie beim Reisen mit Tieren oder Tierprodukten in Kontakt kommen?

Matthew Pritchett: Wildtiere sollten in der Wildnis leben, so und nicht anders sollte es sein. Touristen sollten definitiv versuchen, dem Thema bewusster zu begegnen und recherchieren, bevor sie eine Kobra-Show oder einen Zoo besuchen. Wem in Südostasien Haustiere unterkommen, der sollte aufmerksam sein. Es heißt nicht, dass es illegal ist, aber man sollte seine Bedenken haben.

kofferpacken.at: Viele Touristen fragen sich, ob sie beim Reisen in Südostasien Elefanten-Camps besuchen sollen. Was raten Sie?

Matthew Pritchett: Elefanten-Tourismus ist in Thailand ein sehr heikles Thema. Ich würde Reisende dazu ermutigen, sich vorab gut über die jeweilige Einrichtung zu informieren. Es gibt Organisationen, die sich um das Wohl der Tiere kümmern, andere weniger. Generell sollte immer genau recherchiert werden, wenn Geld für den Besuch von Tieren verlangt wird. Mittlerweile geht das online sehr gut.

kofferpacken.at: Was können Touristen noch tun, um Tiere zu schützen?

Interview mit Freeland
kofferpacken.at-Autorin Maria Kapeller hat Matthew Pritchett von der NGO Freeland in Bangkok besucht.

Matthew Pritchett: Es ist superwichtig, dass Touristen über gefährdete und geschützte Tiere Bescheid wissen. Sie müssen pro-aktiv sein. Erwarte nicht, dass dir jemand sagt, dass etwas nicht stimmt. Touristen können sich außerdem einbringen, zum Beispiel indem sie Organisationen wie Freeland mailen und Fragen stellen. Oder sie helfen ein paar Wochen lang als Freiwillige mit. Bei uns gibt es dafür zwei Möglichkeiten: In der Kommunikation – Präsentationen erstellen, Schüler über Wildtiere informieren und Veranstaltungen der Fin-Free-Kampagne organisieren. Die zweite Option ist, unser Feldteam im Nationalpark beim Beobachten von Elefanten zu unterstützen. Das heißt, im Wald zu zelten. Es hilft außerdem, Themen weiterzuverbreiten, zum Beispiel über Soziale Medien.

Info:

  • Mehr Infos gibt es auf www.freeland.org, ithink-now.org und der facebook-Fangpage von Freeland.
  • Freeland hat eine kostenlose Android-App namens „Wildscan“ entwickelt, die auch für Reisende gedacht ist. Eine Liste gefährdeter Tiere enthält Informationen, Empfehlungen und Ratschläge. Touristen können per App außerdem Tier-Verbrechen melden. Einfach vor Ort ein Foto machen und es über die App an ASEAN-WEN (Wildlife Enforcement Network) schicken.

Fotos: Freeland

Print Friendly, PDF & Email
Tags from the story
, , ,

3 Kommentare

  • Spannendes Thema, das ihr mit diesem Interview aufgetriffen habt. Reisende auf die Problematik von Tigerparks, Elefantencamps und Delfinarien zu sensibilieren, ist definitiv eine wichtige Sache. Und ich glaube, dass man da als Tourist eigentlich gar nicht viel recherchieren muss, denn in dem meisten Fällen gibt ja eigentlich schon alleine der gesunde Menschenverstand eine gute Orientierung.

    • Hallo Oli! Ja, du hast Recht: Eigentlich müsste einem der gesunde Menschenverstand sagen, wie mit Tieren auf Reisen umzugehen ist. Leider ist das aber überhaupt nicht der Fall. Wahrscheinlich hat sogar jeder von uns schon einmal einen Elefantenritt unternommen oder ähnliches. Wichtig ist, dass wir alle dazu lernen – und hier hilft es sicher, das Thema immer wieder aufzugreifen. Liebe Grüße, Maria

  • Es tut mir wirklich sehr leid, dass ws solche Quälereien bei den Tieren im 21. Jahrhundert gibt. Man soll unbedingt eine Strafe an solche Leute verhängen. Und Strafe ist nicht genug.
    Danke, dass Sie solche Beiträge veröffentlichen. Man soll sich mit solchen Themen bekannt machen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.