“Für sein Glück muss man hart arbeiten”

Udai Singh hat bereits viel erlebt und noch viel vor: Als Reiseleiter in seinem Heimatland Indien möchte er den Besuchern das indische Leben erklären.
Udai Singh erlebt mit seinen Reisegruppen in seiner Heimat Indien so einiges. Nebenbei leitet er vier Hotels und hat noch weitere Ambitionen. kofferpacken.at erzählt er, was Glück für ihn bedeutet.

Udai Singh führt Reisegruppen durch seine Heimat Indien, leitet vier Hotels und liebt es, Geschichten zu erzählen.

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kofferpacken.at: Wie beginnst du deinen Tag?

Udai: Ich würde sagen ganz normal mit Bad und Frühstück und um 8 Uhr bin ich dann im Büro, entweder zu Hause oder im Hotel in Barathpur. Dann muss ich nachschauen, ob die Zimmer richtig gemacht werden. Das mach’ ich selbst. Manchmal rede ich auch mit den Touristen, was sie gerne machen möchten, ob sie Informationen brauchen, ich organisiere Besichtigungen im Vogelpark oder erkläre ihnen alles, was sie wissen möchten – auch über das Leben in Indien.

kofferpacken.at: Was bedeutet Glück für dich?

Udai Singh in seinem Element - er erklärt den Touristen sein Land.
Udai Singh in seinem Element – er erklärt den Touristen sein Land.

Udai: Ich bin kein Mensch, der Glück erwartet. Ich muss hart arbeiten, denn ich denke, dann kommt das Glück automatisch. Ich lebe nicht von Glück sondern von harter Arbeit. Wir glauben immer alle, das Glück kommt von selbst. Aber dafür muss man schon etwas tun.

kofferpacken.at: Hast du ein Laster?

Udai: Ich habe momentan kein großes Laster, das ich anbringen müsste. Es gibt in jedem Leben Dinge, die nicht so toll sind, aber ich habe im Grunde genommen bisher alles gut gemacht. Ich habe niemandem Schaden zugefügt, das ist wichtig. Viele Menschen sind jedoch neidisch, weil ich durch meine Arbeit etwas erreicht habe. Da treffe ich oft auf Missgunst.

kofferpacken.at: Machst du dagegen etwas?

Als Reiseleiter zeigt er den Touristen Indien so, wie er es tagtäglich erlebt.
Als Reiseleiter zeigt er den Touristen Indien so, wie er es tagtäglich erlebt.

Udai: Manchmal bin ich traurig, wenn die Leute neidisch sind. Auch wer mir nie geholfen hat meint jetzt, dass er von meinem Erfolg profitieren kann. Wenn früher jemand etwas brauchte, war ich immer da, aber das mache ich nicht mehr – nur mehr für meine Familie. Wenn beispielsweise jemand Geld braucht, kann er zu mir kommen. Zum Beispiel, wenn die Tochter heiraten will. Bei uns werden große Hochzeiten ausgerichtet, da gebe ich gerne das Geld – auch ohne Zinsen. Ich habe es auch immer zurück bekommen, wenn ich es wieder gebraucht habe. Das freut mich, aber ich mache es natürlich nicht mehr für jeden. Da habe ich aus meinen Fehlern schon gelernt.

kofferpacken.at: Gibt es etwas, worauf du dich im Moment freust?

Udai: Ich freue mich, wenn ich nach einer geführten Reise nach Hause komme. Und weil ich die Hochzeit meines Sohnes arrangieren werde. Ich möchte die Hochzeit sehr schnell arrangieren, damit sich die beiden treffen können. Mein Sohn und seine zukünftige Frau haben sich bisher nur gesehen. Bei uns ist das so wenn man heiratet, darf sich das Ehepaar vorher zwar sehen, aber nicht küssen oder so. Und jetzt haben sie sich gesehen, sie reden auch am Telefon. Aber sie dürfen sich nicht treffen. Das wird noch ziemlich viel Arbeit, auf die Hochzeit werden mindestens zwei- bis dreitausend Leute kommen! Aber das ist in Indien durchaus normal.

kofferpacken.at: Gibt es etwas, das du in deinem Leben als ungerecht empfindest?

Udai: Ja. Ich habe gelernt, dass man den Menschen nichts geben soll, was sie nicht verdient haben. Sie erwarten sonst immer mehr und mehr. Jeder soll das bekommen, was er in Wirklichkeit verdient hat. Man bekommt auch oft kein Danke, das ist nicht schön. Wie gesagt, für sein Glück muss man auch selbst etwas tun.

kofferpacken.at: Wenn du unendlich reich wärst, was würdest du machen?

Immer gut gelaunt und mit einem Witz auf den Lippen - Udai Singh.
Immer gut gelaunt und mit einem Witz auf den Lippen – Udai Singh.

Udai: Das erwarte ich nicht. Aber natürlich wüsste ich da schon ein paar Sachen. Ich möchte tatsächlich ein Projekt durchführen, und das möchte ich nächstes Jahr machen – eine Schule eröffnen. Dort sollen Kinder am Nachmittag Betreuung bekommen, sie sollen ihre Hausaufgaben machen und noch zusätzlich etwas über die Welt lernen, was sie sonst nicht tun. Sie bekommen dort Essen und Kleidung und es soll alles gratis sein. Ich habe ein Landstück in meinem Dorf und möchte nicht nur etwas für meine Familie tun sondern auch für meine Heimat.

kofferpacken.at: Gibt es einen Platz auf dieser Welt, zu dem es dich immer wieder hinzieht?

Udai: Meine Heimat. Heimat ist Heimat. Ich habe schon viel auf der Welt gesehen, aber ich brauche mein eigenes Bett, wo ich gut schlafen kann. Wenn ich an einen anderen Ort denke, dann würde ich die Steiermark meine zweite Heimat nennen. Und das sage ich jetzt nicht nur so wegen kofferpacken.at! Dort könnte ich es auch gut aushalten und ich freue mich immer wieder, zurückzukommen. Das ist für mich Urlaub pur und lässt mich die Verantwortung für meine 350 Mitarbeiter vergessen. Ich lebe nicht für mich alleine. 350 Familien verlassen sich auf ein Gehalt, diese Verantwortung ist groß.

kofferpacken.at: Möchtest du noch weiter ausbauen?

Udai: Ich möchte elf Hotels. Warum weiß ich nicht. Elf Frauen kann ich vielleicht nicht bewältigen, aber elf Hotels schon. Ich baue sie auch selbst. Schauen wir mal, wie viele es werden. Ich war früher als Hotelmanager tätig, habe Ornithologie studiert und im Nationalpark gearbeitet, ich habe die Welt bereist und dachte mir dann: Ich muss jetzt selbst etwas auf die Beine stellen. Die Reiseleitung mache ich zusätzlich, nicht, um Geld zu verdienen. Ich liebe es, Menschen mein Land zu zeigen, das wahre Indien, nichts verstecken. Ich mag es, zu erklären, zu beschreiben, zu erzählen. Und ich hoffe, dass die Menschen auch wiederkommen nach Indien, in meine Heimat. (Daniela Nowak, kofferpacken.at)

 

kofferpacken.at – So ist das Leben

In der Reihe “So ist das Leben” der Rubrik KOSMOPOLIT stellt kofferpacken.at Menschen aus allen Ländern der Welt dieselben Fragen, um einen kleinen Einblick in die Lebenswelt anderer Kulturen zu bekommen.

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