Berlin alternativ: Street Art und Graffiti

Graffiti im alternativen Berlin
Berlin wird immer glattgebügelter - diese Stadttour zeigt die alternativen Ecken.
Bei einer alternativen Stadtführung Orte und Lokale entdecken, die man sonst niemals finden würde. Vier Ideen für den nächsten Berlin-Trip.

Street Art deluxe: Haus Schwarzenberg (Berlin Mitte)

In Berlin Mitte sei es heutzutage richtig schwierig, noch alternative Orte zu finden, sagt Tourguide Marie Juana. Die Deutsch-Spanierin führt im Rahmen einer alternativen Tour durch die deutsche Hauptstadt Berlin. Die schön herausgeputzten Fassaden, die teuren Geschäfte in den Hackeschen Höfen, der Flohmarkt, der eigentlich Touristen-Nepp ist. Dabei war das einmal anders. „Nach der Wende kamen die Hippies aus dem Westen hierher in den Osten und besetzten leere Häuser“, erzählt sie. Eine ungezähmte Zeit. Ende der Neunziger wurden die Häuser billig verkauft und saniert. Die ehemaligen Revoluzzer gründeten Familien und legten auf einmal Wert auf Schwangerschafts-Yoga und Bio-Kaffee.

Street Art im Haus Schwarzenberg in Berlin
Street Art im Haus Schwarzenberg in Berlin

Eine der letzten alternativen Oasen im hippen Berlin-Mitte ist das Haus Schwarzenberg, gleich neben dem edlen Einkaufszentrum Hackische Höfe. Graffiti und Street Art an den Wänden, ein Straßenmusiker, das Independent-Kino Central und eine Gartenbar prägen das Bild. Im Hof befinden sich außerdem der Eingang zum Anne-Frank-Zentrum und zum Otto-Weidt-Museum. Otto Weidt hielt hier während der Nazi-Zeit unter gefährlichsten Bedingungen Juden versteckt und bot ihnen Arbeitsplätze.

Wall Painting von Anne Frank in Berlin
Wall Painting von Anne Frank in Berlin

Der lokale Kulturverein hat lange gekämpft, dass das Haus Schwarzenberg nicht auch Investoren zum Opfer fällt. Mit Erfolg: Das Gebäude steht jetzt unter Denkmalschutz. Die unzähligen knipsenden Touristen erwecken allerdings den Eindruck, dass auch hier längst der Kommerz eingezogen ist.

S-Bahn: Hackescher Markt

 

Graffiti und Afrika-Küche rund und um den Ostbahnhof (Friedrichshain)

Den Ostbahnhof steuern viele Touristen vor allem an, weil hier das längste noch erhaltene Stück der Berliner Mauer steht. Heute bekannt als East Side Gallery. Wer vom Obstbahnhof kommend statt links nach rechts geht, stößt auf etwas ziemlich Unerwartetes: die Yaam Beach Bar.

YAAM Beach Bar Berlin
YAAM Beach Bar
Jamaikanische Beach Bar YAAM in Berlin
Afrikanische Küche in der YAAM Beach Bar an der Spree

Street Art und Graffiti sind auch hier allgegenwärtig. Im Sommer wird direkt an der Spree gefeiert, im Winter gibt’s afrikanische Küche und Reggae in der Hütte. Auch die Betreiber der Beach Bar mussten vor einiger Zeit den Baukränen großer Investoren weichen. Sie haben aber ein paar Hundert Meter weiter drüben ein neues Zuhause gefunden. Ein Problem, an das man sich in Berlin gewöhnen musste. Gerade in dieser Gegend fällt auf, dass aktuell viel abgerissen und neu gebaut wird, neue schicke Wohnkomplexe ragen in den Himmel.

S-Bahn: Ostbahnhof

 

Alternative Shopping- und Café-Szene (Kreuzberg)

Kreuzberg ist hinlänglich bekannt als das Zentrum Berliner Alternativkultur mit hohem Migrantenanteil. Während DDR-Zeiten gehörte Kreuzberg zu West-Berlin. Ein Teil grenzte aber an drei Seiten an Ostberlin an. Dadurch entwickelte sich eine eigene, alternative Kultur und eine spezielle wirtschaftliche Situation.

Zentrum der Alternativkultur in Berlin: Kreuzberg
Zentrum der Alternativkultur in Berlin: Kreuzberg. Am Bild: Cafe Marianne.
Cafe Smyrna Kuruyemis im alternativen Berlin
Nüsse, soweit das Auge reicht im türkischen Cafe Smyrna Kuruyemis in Kreuzberg
Schoko-Laden "Sünde" in Berlin Kreuzberg
Schoko-Laden “Sünde” in Kreuzberg

Auch Kreuzberg kämpft schon lange mit der Gentrifizierung, die in Berlin allgegenwärtig scheint. „Heute finden hier die meisten Demos in der Stadt statt, weil Menschen aus ihren Häusern ausziehen und den Plänen der Investoren weichen müssen“, sagt Marie Juana. Mittlerweile ist es in Kreuzberg einigen sogar schon zu trendy geworden, sie sind weiter nach Wedding oder Neukölln gezogen. Andere sind hier geblieben und beleben die vielen Cafés, Spätkaufläden, türkischen Supermärkte und kleinen Läden.

U-Bahn: Kottbusser Tor

 

RAW-Gelände, Warschauer Straße (Friedrichshain)

Club RAW Warschauer Straße
Altenative Spielwiese an der Warschauer Straße: RAW

Wer an der Warschauer Straße aus der U-Bahn steigt, wird erst einmal keinen guten Eindruck haben. Die Gegend scheint rau, unter einem nur Zuggleise, in der Ferne der Fernsehturm. Nur ein paar Minuten später sieht die Berliner Welt aber ganz anders aus. Gleich nach der Brücke über den Bahngleisen befindet sich ein altes Zugdepot. Früher wurden auf dem großen Gelände illegale Ravepartys gefeiert. Heute geht alles legal ab, mit Clubs wie dem Urban Spree, Konzerten und Events. Außerdem gibt es interkulturelle Projekte, Ausstellungen und Märkte. „Vielleicht aber nicht mehr lange“, sagt Marie Juana, „auch dieses Areal hat vor kurzem ein Investor gekauft.“

U-Bahn: Warschauer Straße

 

Koffer packen und los geht’s:
Die Street Art Tour durchs alternative Berlin von www.alternativeberlin.com findet jeden Tag statt. Treffpunkt ist der Alexanderplatz. Die Tourguides leben vom Trinkgeld der Teilnehmer.

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